Kommentare zu den Gebestmeinungen Januar 2025
Wir beten
– für Migranten, Flüchtlinge und von Kriegen betroffene Personen, dass ihr Recht auf Bildung, das für den Aufbau einer besseren Welt notwendig ist, immer respektiert wird.
– für die Lehrenden, Ausbildenden und Erziehenden um einen guten Kontakt zu den jungen Menschen.
Jedes Kind und jeder Jugendliche hat ein Recht auf Bildung, auch auf religiöse Bildung. Das Recht auf Bildung ist ein Menschenrecht. (Artikel 26).
„All das was unter die Definition von Bildung fällt, bedeutet: Dienst für andere, helfen, befreien“. „Erziehung bedeutet Männer und Frauen bei der Entwicklung und Ausbildung, bei der ‚Geburt‘ ihrer Persönlichkeit zu helfen, um dabei auf die Welt und ins Licht zu kommen.“ (Papst Franziskus 13.09.2022)
Immer noch werden Menschen in vielen Teilen der Erde von diesem Recht ausgeschlossen. Bei uns gibt es eine Schulpflicht für alle Kinder und Jugendlichen. Doch wie schaut es mit der Chancengleichheit aus? Da gibt es auch bei uns noch Unterschiede. Da dürfen wir als einzelner und als Gesellschaft nicht wegschauen. Da stehen wir auch als Christen in der Verantwortung mitzuhelfen, dass sich dieses Ungleichgewicht auflöst.
Die Katholische Kirche hat dieses Recht auf Bildung für alle im Vaticanum II klar definiert in der Einleitung von „Gravissimum educationis“. Grundlage sind die Menschenrechte und die Kinderrechte. Diese gilt es zu schützen, einzufordern und zu fördern, damit das Zusammenleben gerechter und friedvoller wird.
Die Bedeutung der Erziehung für den einzelnen Menschen und das gesellschaftliche Wachstum sind eng verbunden. (Vaticanum II)
„Alle Menschen, gleich welcher Herkunft, welchen Standes und Alters, haben kraft ihrer Personenwürde das unveräußerliche Recht auf eine Erziehung, die ihrem Lebensziel, ihrer Veranlagung, dem Unterschied der Geschlechter Rechnung trägt, der heimischen kulturellen Überlieferung angepasst und zugleich der brüderlichen Partnerschaft mit anderen Völkern geöffnet ist, um der wahren Einheit und dem Frieden auf Erden zu dienen.“ (GE, Präambel)
Studien und Stiftungen und noch mehr der Schulalltag lassen uns erleben, dass Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund es schwer haben, ihr Recht auf Bildung so auszuschöpfen, wie das andere Kinder und Jugendliche tun können. Migration gehört seit Menschengedenken zu unserer Welt. Seit dem letzten Jahrzehnt bekommt Migration eine neue Bedeutung, weil Millionen von Menschen wegen Krieg und Verfolgung ihre Heimat verlassen und Schutz und erfüllenden Lebensraum auch bei uns in Deutschland suchen. Wir sprechen von der größten Migrationswelle seit dem II. Weltkrieg in Deutschland. Das Wort Migration kommt vom lateinischen Verb „migrare“, wegziehen, auswandern und übersiedeln. Menschen gehen weg in ein anderes Land, freiwillig, oft jedoch unfreiwillig, weil die Lebensumstände in der Heimat so sind, dass Angst und Furcht, Krieg, Terror und Verfolgung das Leben bestimmen. Aus dieser Situation kommen Menschen zu uns über oft schwierigste, menschenunwürdige Wege nach Deutschland und Europa, weil sie Sehnsucht und Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben haben.
Es kommen Brüder und Schwestern zu uns. Wir sprechen von einer Willkommenskultur, weil Solidarität, Humanität und Menschenwürde keine Grenzen kennt. Der Migrationshintergrund sollte die Menschenrechte nicht verhindern. Bildung ist das Tor zum Leben im guten Miteinander zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und Gesellschaft. Eine Chance für alle, die dort leben, dass es ein buntes und vielfältiges Leben werden darf für jeden Menschen. Die verschiedenen Kulturen, auch die verschiedenen Religionen können voneinander lernen und sich bereichern.
Jeder Mensch ist wertvoll für sich und andere. Chance und Herausforderung zugleich. Ein Wechselspiel der Lernenden, dem Elternhaus und den Lehrenden kann helfen, dass Bildungs- und Chancengleichheit gelingen kann. Jeder Mensch hat die Verantwortung mitzuhelfen, damit dies gelingt. Leider ist die Realität eine andere, und wir haben viele Hausaufgaben zu machen. Wir müssen darin besser werden. Das haben wir im Punkt 4 der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele verankert. Verbesserung der Bildung. Wissen und Fähigkeiten werden benötigt, um gesund zu bleiben, Arbeit zu finden und die Toleranz fördern. Funktioniert das in unserem Gesellschafts- und Schulsystem?
Papst Franziskus bezieht auch die religiöse Bildung ein, die nicht überall gewährleistet ist. „Lest die Bibel, denkt an Jesus, lest die Evangelien, so dass Jesus in eurer Erinnerung bleibt und auch in euren Herzen Bezugspunkt ist, denn er klopft an die Tür der Herzen aller“.
Kinder und Jugendliche brauchen gute Begleiter, die sie als Anleiter, als Helfende im Schulalltag erleben. Ein Dienst, von dem viele sagen, dass sie dabei an ihre Grenzen kommen, weil sie oft das Elternhaus ersetzen. Das Interesse, die Neugier, die Wissbegierde und die Lust am Lernen sollten geweckt und gefördert werden, egal welche Sprache im Elternhaus gesprochen wird, meint die Friedrich Ebert Stiftung. Eltern sind die Wurzel für einen gelingenden Schulalltag.
Für Lehrende ist es eine Herausforderung, ein Ansporn, das Recht auf Bildung für alle zu ermöglichen, beim Wachsen zu unterstützen. Da braucht es eine Balance zwischen Autorität, Konsequenz, Milde und Güte. Eine Aufgabe, die Kraft, Geduld und Ausdauer fordert, weil es ja immer der ganze Mensch ist, der „gebildet“ wird, gerade wenn andere Vorbilder fehlen. Ein Dienst ganz im Sinne der Frohen Botschaft, die Liebe zu allen Menschen zu bringen.
Wenn ich mich an meine eigene Schulzeit erinnere, so wurde mein Lerneifer immer dann groß, wenn Lehrerin oder Lehrer mir sympathisch waren, wenn sie gut erklären konnten, wenn sie möglichst konsequent und gerecht handelten. Wenn ich als junger Mensch gespürt habe: ich bin willkommen, ich bin geliebt, bin wertvoll, man traut mir was zu, und ich darf Fehler machen.
Kann das jedoch gelingen in unserem Bildungssystem, einem straffen Lehrplan, einer Leistungsgesellschaft und Menschen, die aus den unterschiedlichsten Religions- und Kulturkreisen kommen, das ist die Frage?
Wünschen wir es den Kindern und Jugendlichen, den Eltern und den Lehrenden: dass alle Mut und Kraft haben an einer Welt mitzubauen, die in Schülern und Schülerinnen die Neugier und die Freude weckt, als „gebildete“ Menschen ihre Fähigkeiten einzusetzen zum eigenen und zum Wohle anderer Menschen.
Können wir das schaffen? Vielleicht mit dem Vorbild des heiligen Don Bosco: „Die Güte Gottes kenne keine Grenze und schließt niemanden aus, egal, wie alt er ist, was er tut und welche Überzeugungen er hat.“
Kontakt zur Autorin Carolin Aumann ►Über die Autorin / Kontaktaufnahme