„Wenn das Leben zum Fest wird“
Erinnerung an unsere Internationale Begegnungswoche für das mittlere Alter vom 10. bis 17. August in Visp, Schweiz
von Verena Schwalm
Wie wird das werden am neuen Ort, und wer wird dabei sein, und was hat sich das Vorbereitungsteam wohl ausgedacht für diese Woche? Fragen, die sich im Vorfeld der diesjährigen „Midlifewoche“ da und dort stellten. Immerhin war klar, dass wir diese Zeit im Kanton Wallis in der Schweiz verbringen würden. Beim Packen dachte man unwillkürlich auch schon an das Wochenthema „Wenn das Leben zum Fest wird“, denn es sollte auch festliche Kleidung mitgebracht werden!
Die Anfahrt mit der Bahn war für die 25 Teilnehmenden aus der Schweiz, Deutschland und Österreich recht einfach, liegt doch Visp an einer internationalen Bahnlinie. Und da klappte der Abholdienst vom Bahnhof zum Hotel zuverlässig und zügig. Das schöne Zimmer im Bildungshaus St. Jodern war schnell bezogen, und mit einem tiefen Durchatmen auf dem Balkon fühlte man sich richtig angekommen. Sehr schnell machte enormer Helikopterlärm klar, dass sich ganz nahe vom Hotel das Krankenhaus mit Helikopterlandeplatz auf dem Dach befindet. Dieses Spektakel erlebten wir öfters in dieser Woche, und immer war da die Hoffnung, dass die verunfallte Person sich „nur“ einen einfachen Beinbruch zugezogen hat. Gleichzeitig erfüllte einen das Gefühl der Dankbarkeit, dass wir gewissermaßen auf der anderen Seite, gesund und unbeschwert unser Zusammensein genießen durften.
Eins sei vorweggenommen: Es wurde eine wunderbare, abwechslungsreiche Woche. Aktivitäten, Ruhe- oder Freizeit, besinnliche Momente, aber auch Gespräche in großer und kleiner Runde waren sehr ausgewogen. Dazu kommt ein Detail, das mich sehr beeindruckt hat; es war bestimmt sehr hilfreich, dass alle von uns bewohnten Hotelzimmer und die Wahlmöglichkeiten bei der Kaffeemaschine im Aufenthaltsraum mit Punktschrift angeschrieben worden waren. Auch ein Plan, um sich im Haus auszukennen, lag taktil vor! Hier ein großes Dankeschön an das Vorbereitungsteam.
Als Auftakt lernten wir mit einem geführten Spaziergang den überschaubaren Dorfkern von Visp kennen, so dass wir uns später auch alleine zurechtfinden konnten. Viele schöne alte Häuser zeugen von einer interessanten Vergangenheit. Besonders beeindruckend sind die schmalen Gassen, wovon eine sogar mit geschlossenen, bewohnten Balkonen überbrückt wird. Abgeschlossen wurde dieser Tag in der St. Martinskirche mit einem Orgelkonzert, das einem spannenden, erstaunlichen Programm folgte. Es erklang zunächst klassische Kirchenmusik, aber dann wechselte die Organistin zu Oper, einem Medley der Beatles und schließlich zu traditioneller Musik aus verschiedenen Ländern.
Bestimmt ziemlich aufregend war unser Besuch auf dem großen St. Bernhardpass. Die Weisung, wir sollten möglichst alles an warmer Kleidung anziehen, das wir eingepackt hätten, ginge es doch auf fast 2'500 m hoch in die Berge, war sehr sinnvoll. Es blies ein kalter Wind da oben. Aber Bruder Raphael, Mitglied der Domherren, empfing uns in der schützenden Kirche. Er ließ uns sehr lebhaft teilhaben am Leben von früher und heute im Hospiz, insbesondere auch in der schneereichen Winterzeit. Vor dem Essen im nahen Restaurant durften wir das Mittagsgebet der Bruderschaft mitfeiern. Ja und dann die Bernhardinerhunde. Nach kurzer Verhandlung unseres Leitungsteams mit den Museumsverantwortlichen erhielten wir gratis Zugang zum Haus. Weil mit Rollstühlen kein Zutritt ins Museum möglich war, wurde unsere ganze Gruppe später in eine Art großen Zwinger eingeladen, wo wir eine echte, geduldige Bernhardinerhündin streicheln und knuddeln durften.
Was gehört eigentlich zu einem Fest und was ist überhaupt ein Fest? Oder deutlicher, was empfinden wir als „Fest“, wie feiern wir es? Welche Bedeutung haben religiöse Feste? Haben wir überhaupt noch Raum und Zeit für Feste? Viele Fragen, die wir in kleinen Gruppen ganz unterschiedlich beantwortet haben und die für ausgiebigen Gesprächsstoff sorgten. Für die einen konnte es schon spontanes Zusammensitzen mit lieben Leuten sein, für andere musste ein Fest gut organisiert sein. Dazu erzählten uns Hochzeitsplanerinnen, wie ein perfektes Hochzeitsfest vorbereitet werden sollte. Dass so was seine Zeit braucht, an unendlich vieles gedacht werden muss und das dann auch ziemlich viel kostet, haben wir mit Staunen erfahren. Abgesehen von den eingeladenen Menschen, Raum/Ort, Essen, Kleidung etc. gehört sicher zu einem Fest auch sorgfältig ausgesuchter Wein. Dafür erhielten wir einen Einblick und die Gelegenheit in der St. Jodern-Kellerei, wo wir nach der Besichtigung der Anlage verschiedene Sorten Wein verkosten durften. Daneben braucht es eine passende Dekoration. So verbrachten wir einen Nachmittag mit dem liebevollen Dekorieren von allerlei alten Porzellangefäßen aus dem Brockenhaus, mit Blumen und andern natürlichen Materialien. Überraschend wirkte das Resultat in umgedrehten Deckeln zu Suppenschüsseln.
Ja, und dann kam unser Fest, der Gala-Abend. Festlich gekleidet trudelten wir in den mit unseren Gestecken geschmückten Saal. Die Menükarte wurde uns sowohl in Schwarz- wie auch in Punktschrift ausgehändigt, es war somit klar, dass wir ein Festessen würden genießen können. Und Bettina Gruber Haberditz verband diesen Festabend auch noch mit einem konkreten Anlass: Es ist genau 30 Jahre her, dass die erste Internationale Begegnungswoche als Jugendwoche in Schwyz stattfand, wovon 4 Teilnehmer Zeugnis ablegen konnten. Der Musiker Ermano, selber im Rollstuhl und blind, erfreute uns schon beim Essen mit fröhlichen Liedern und Schlagern, die uns schließlich sogar zu Polonaise und Tanz animierte. Schön war es!
Auch im Abschlussgottesdienst wurde unser Wochenthema nochmals in Worten und Gesang, auf verschiedene Art gefeiert. Es stellt sich die knifflige Frage: kann oder soll auch Abschied nehmen zu einem Fest werden? Wer weiß denn, ob und wann wir wieder Zeit miteinander verbringen dürfen? Ich denke, in diesem Sinne sollten wir versuchen, immer wieder – vielleicht auch nur kleine - Feste in unseren Alltag einzubauen und zu (er)leben.
Himmlischer Augenblick
Im Schatten eines Baumes
mit den Vögeln
um die Wette singen,
die warmen Sonnenstrahlen
in sich einlassen,
der Freude am prächtigen Blühen
sein Herz öffnen
und diesen himmlischen Augenblick
in das Herz versenken,
damit er einem niemals mehr
verloren gehen kann.
Christa Spilling-Nöker
(Aus: Dann wird dein Leben wie ein Fest)